Das gab’s noch nie: Zufüttern im Mai

Schnee im Mai
Oder: Was die kommende EU-Wahl mit unseren Bienen zu tun hat

Vor Jahren habe ich einmal gelernt, wenn man die Social Media Seite eines Unternehmens leitet, soll man 2 Dinge niemals tun:

  1. poste nichts Negatives

  2. poste nichts Politisches.

Heute werde ich diese beiden Regeln brechen, denn das Leben ist nun einmal weder ein Ponyhof, noch ist es unpolitisch.

Wo fange ich an? Die erste schlechte Nachricht: die Frühjahrsernte wird auch heuer wieder komplett ausfallen! Denn den gesamten Honig, den unsere fleißigen Bienen im März und April bereits gesammelt hatten, haben sie in den vergangenen Wochen wieder weg gefressen.

Doch es kommt noch schlimmer: Das erste Mal, seit es auf diesem Hof nun Bienen gibt (und das sind mittlerweile immerhin beinahe 25 Jahre), müssen die Bienen im Mai gefüttert werden, denn sie hungern!

 

Was ist anders als im letzten Jahr?

Schließlich hat es letztes Jahr im Mai auch so viel geregnet, dass die Frühjahrsernte ausgefallen ist (es hat damals etwa 5 regenfreie Tage im Mai gegeben)!? Der Unterschied ist: es kalt! Es ist richtig, richtig kalt! Wie ihr euch vielleicht erinnern könnt, habe ich vor 2 Wochen Schnee-Fotos gepostet, und auch für die kommende Woche sind Maximal(!!!)-Tagestemperaturen von um die 9°C angesagt. Letztes Jahr gab es zwar mehr Regen, dafür aber auch höhere Temperaturen.

 

Neulich habe ich einen Spruch gelesen: „Mai – der neue April“. Stimmt.

Aber warum ist dieses schlechte, kalte Wetter jetzt im Mai wesentlich verheerender für die Bienen, als im April? Jetzt im Mai ist die Bienen-Hochsaison. Das Brutnest in den Völkern ist riesig! Damit die Bienenbrut jedoch wachsen und gedeihen kann, muss im Bienenstock eine gewisse Temperatur herrschen. Diese Wärme erzeugen die Bienen selbst, indem sie im Stock fleißig mit den Flügeln schlagen – sie erzeugen also durch Muskelkontaktionen Wärme. Um jedoch genügend Kraft zum Aufheizen des Stockes zu haben, brauchen sie ausreichend Futter. Die Honigwaben sind jedoch jetzt schon leer, und das Wetter ist viel zu schlecht und zu kalt, alsdass sie ausfliegen könnten, um Nektar zu sammeln. Würden wir jetzt nicht zufüttern, wären große Brutschäden die Folge.

Da der Winter relativ mild war, hatten unsere Bienen noch große Winterfutter-Vorräte in ihren Stöcken, die wir im Frühjahr entnommen hatten, um eine Vermischung des im Herbst verarbeiteten Zuckersirups mit den frischen Honig zu verhindern. Gedacht waren diese Futterwaben eigentlich für die Ableger, die wir heuer machen wollten. In der letzten Woche haben wir bereits diesen gesamten Vorrat wieder verfüttert, doch da es weiter kalt bleiben soll, müssen wir jetzt mit Zuckersirup zufüttern, um die schlimmsten Schäden abzuwenden. Der Steirische Imkerverband hat schon vor Wochen ein Warn-Mail an seine Mitglieder verschickt, dass zugefüttert werden muss – ich hatte gehofft, es vermeiden zu können, aber nein. Unmöglich, wenn man nicht große Brutschäden (und damit Volksschäden) in Kauf nehmen möchte.

 

Wir sind die erste Generation, die die Folgen des Klimawandels spürt…

Ich bin entsetzt! Und besorgt… In den letzten Jahren häufen sich die Wetterextreme in einem noch nie dagewesenen Ausmaß. Heuer, dieser extrem kalte, nasse Mai – wie das Resümee am Ende der Saison ausfallen wird, ist noch komplett unklar. Letztes Jahr, das von sehr häufig auftretenden Starkregen-Ereignissen geprägt war, sodass wir nur etwa die Hälfte der üblichen Honigernte hatten – und dabei hatten wir noch Glück: zahlreiche andere Imker in der Region hatten Totalausfälle. Und dann diesen, wie auch schon letzten Winter die extremen Stürme, die dermaßen stark waren, dass selbst mehr als 30kg wiegende Bienenvölker einfach als Gesamtes (weil eh schon zusammengebunden) umgeweht wurden.

Ich frage mich ernsthaft: Wie soll das zukünftig weiter gehen? Für die Imkerei, für die Bienen? Für die Menschen? Der Klimawandel ist nicht mehr zu leugnen, dass ist klar. Wir als Imker, aber auch alle anderen Landwirte, bekommen das wahrscheinlich bisher noch am meisten, direktesten zu spüren. Aber auch Menschen, die nichts mit Landwirtschaft zu tun haben, können eigentlich nicht mehr ihre Augen davor verschließen, Stichwort: Hitze-Tote im Sommer, Murenabgänge wegen Starkregen, etc.

Aufnahme vom 6. Mai 2019, bei uns am Osterberg!
In 25 Jahren gab’s das noch nie: Zufüttern im Mai!
Bevor unsere Bienen hungern & es zu Brutschäden kommt, füttern wir doch lieber zu.

Und Vorsicht, nun wird es politisch

Wenn ich mir diese Wetterextreme ansehe und dann gleichzeitig davon lese, dass nun der Bau der Dritten Flughafenpiste am Flughafen Schwechat mit Unterstützung von Türkis, Blau UND Rot beschlossen wurde; wenn ich von „Standortschutzgesetzten“ lese, die den Bau von Großprojekten ohne vorherige Umweltverträglichkeits-Prüfung ermöglichen; wenn ich lese, dass nun „Wirtschaftsinteressen“ in die Verfassung aufgenommen werden sollen….. dann schwanke ich zwischen Wut und Verzweiflung. Ich frage euch: Wer verdient wirklich daran, wenn multinationale Großunternehmen ihre Interessen durchsetzten dürfen? Wo soll zukünftig das Essen herkommen, wenn Ernteausfälle keine Einzelfälle, sondern zum Standard werden? Und: Wer wird es sich dann noch leisten können? Die „normalen“ Menschen, oder jene, die durch die Pri­o­ri­sie­rung der sogenannten „Wirtschaftsinteressen“ so wie so schon noch reicher geworden sind?

Eines ist aber klar: Österreich alleine kann den Klimawandel sicher nicht erkennen. Umso wichtiger ist ein starkes Europa! Nun finden in 2 Wochen, am 26. Mai, EU-Wahlen statt. DIE Chance, für eine Hinwendung zu einer klimagerechten Politik.

 

Du meinst, Politik interessiert dich nicht?

Dann frage ich: Dich interessieren die Bienen nicht? Dich interessiert nicht, ob du dir zukünftig dein Essen nicht mehr leisten kannst? Dich interessiert nicht, ob deine Kinder in der Zukunft noch eine lebenswerte Welt vorfinden werden? Wirklich?

Klimaschutz IST politisch! Umweltschutz IST Politisch! Ernährungssicherheit IST politisch!

Also: SAVE THE BEES – GEHE WÄHLEN! Und überlege dir genau, welcher Art von Politik du deine Stimme gibst! Denn noch etwas ist offensichtlich: Dass plötzlich beinahe alle Parteien Klimaschutz ganz toll und ganz wichtig finden, ist schlichtweg Greenwashing. Seht euch an, wofür und wogegen diese Parteien im Normalfall stimmen (Greenpeace hat eine Zusammenfassung über das Abstimmungsverhalten der Partein auf EU-Ebene der vergangenen Jahre erstellt – sehr lesenswert!). Überlegt euch, wem wir die 3te Piste, das Standortschutzgesetzt & Co zu verdanken haben, und wer auf EU-Ebene für bzw. gegen die Reduktion von Treibhausgasen gestimmt hat. Überlegt euch, für wen diese Parteien wirklich Politik machen! Für uns? Oder für ihre Freunde aus der Wirtschaft?

 

Unsere Wahl ist jedenfalls klar. Wir wählen eine Zukunft für Bienen & Menschen!

Ich wünsche uns allen eine lebenswerte Zukunft,

eure Helene

 

 

13.5.2019